Die Installation unter dem Titel «Worldformator» der Winterthurer Künstlerin Mia Diener (*1982) lotet das Spannungsfeld aus, das sich zwischen den entgegengesetzten Polen der manuellen Arbeit und der virtuellen Realität einerseits, andererseits zwischen produktiver Fleissarbeit und Vernichtung aufspannt.

In Serie druckt sie eine Weltkarte auf Papier – darüber die Zahlen Null und Eins. Ihre Hände mutieren während der Arbeit zu mechanisch funktionierenden Werkzeugen, wobei die Polarität von Mensch und Maschine spielerisch hinterfragt wird. Ausserdem lässt sie die Grenzen zwischen Unikat und Massenprodukt allmählich verschwimmen.

Die Serie aus Nullen und Einsen – also der binäre – dient als Grundlage für die Verarbeitung von digitalen Informationen auf Computern, zu Deutsch auf Rechnern. Mit Zahlen erfasst der Mensch die Dimensionen der Welt und er misst allem in dieser Welt eine Bedeutung oder einen Wert bei. Algorithmen steuern als mathematische Handlungsanweisungen unsere elektronische Kommunikation oder sie lotsen uns mittels Navigationsgeräten durch eine Stadt. Diener deutet mit dieser freien Serie von Zahlen sowohl die reale wie die virtuelle Welt zu einem individuellen Produkt um, dessen Sinn sich logischer Vereinnahmung entzieht. Dieners lotst den Betrachter zahlentechnisch völlig frei durch eine spielerisch erdachte Welt.

Während Logik und die Verarbeitung von binären Codes in einer virtuellen Welt angesiedelt sind, ist der Output von Computern und ihren Rechenoperationen oft ein realer Gegenstand. In Dieners Arbeit steht ein grosser Industrie-Schredder für die Vergänglichkeit all dessen, was der Mensch hervorbringt. Unter Getöse vernichtet die Maschine die Handarbeit. Der Lärm unterstreicht die brachiale Geste der Zerstörung. Doch bedeutet Vernichtung auch Verwandlung: Die Maschine spuckt das Endlospapier wieder aus und generiert aus den feinen Streifen ein zartfarbiges, dreidimensionales Gebilde. Darin sind die Gedanken und Aktionen der Künstlerin immer noch in Spuren vorhanden und harren einer erneuten Zusammensetzung im Auge des Betrachters.

Von 2001 bis 2005 studierte Mia Diener Bildende Kunst an der F+F Schule für Kunst und Mediendesign, 2004 verbrachte sie ein Auslandsemester an der School Museum of Fine Arts in Boston USA. 2009 erhielt die Künstlerin das begehrte Atelierstipendium der Stadt Winterthur und arbeitete ein halbes Jahr in Kairo. Das Interesse der Künstlerin gilt der Analyse von Ordnungssystemen, die vermeintlich die Welt zusammenhalten. Ihre Arbeiten setzen herkömmlichen Erklärungsmodellen Ordnungssysteme der eigenen Art entgegen, die Sehgewohnheiten und Denkmodelle hinterfragen.

(Text: Christina Peege)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

MIA DIENER *1982, lebt und arbeitet in Winterthur

Ausbildung
2001-2005 F+F Schule für Kunst und Mediendesign Zürich, Fine Arts
2004 Semester School Museum of fine Arts Boston, USA 1999-2000 Vorkurs ZHDK Zürich

 

Ausstellungen (Auswahl)

2018

„Worldformator„ kunstkasten, Winterthur

2017

6 1⁄2 Raum für Zeitgenössische Kunst, Zürich

„Refugium“ Biennale Kulturort Weiertal

2016

„vermessen“ Galerie knoerle&baettig, Winterthur

100 Jahre Künstlergruppe Winterthur

2015

„Entgrenzungen“ Galerie knoerle&baettig, Winterthur

„aus dem OFF #2“ Oxyd, Winterthur

„Vatikan, Tanz und Tapeten“ Neuwiesenhof, Winterthur

2014

Dezemberausstellung, Kunstmuseum Winterthur

„aus dem OFF #1“, Winterthur

2013

Dezemberausstellung, Kunstmuseum Winterthur

Nextex, St. Gallen

2012

„die Fabrik ruft!“ Brunnen, SZ

Raiffeisen Kunstforum, Winterthur

2011

Dezemberausstellung, Kunstmuseum Winterthur

2010

Kultursommer Mels, SG

Raum für Kunst und Literatur, Basel

Stadt Galerie Yverdon-les-Bains, VD

2009

Kunsthalle Winterthur

 

Ankäufe

2017 Stadt Winterthur, das Vermächtnis vom Weiertal

2014 Stadt Winterthur, Nexus 0.1

 

Stipendien

2009 Artist in Residence Kairo, EGY

 

Publikationen

2017 Katalog Refugium Biennale Kulturort Weiertal

2014 Radio SRF, Interview

Coucou Kulturmagazin, Winterthur

2013 Jahrbuch Winterthur

2012 ensuite, Septemberausgabe

 

Projekte

2015 Hospiz der Faulheit

2013 Perla Moda Zürich, IGZ, Institut für Gesellschaftliche Zeitfragen

Gönnerarbeit, Künstlergruppe Winterthur

ZHAW, Neujahreskarte

2008 „fit for success“ Kunsthalle Winterthur, IGZ, Institut für Gesellschaftliche Zeitfragen

2006 audioasyl.net, Radiosendung rund um Kunst, IGZ

Radio Stadtfilter, Radiosendung rund um Kunst, IGZ

 

Kuratierte Projekte

2014-2015 Raiffeisen Kunstforum, Winterthur

2014           Aus dem OFF, Winterthur

 

www.miadiener.ch