«You pay but you don’t agree with the price», «alleine denken ist kriminell», «ich brauche ruhe», «klaut alles!», «who pays?». Soweit einige Titel von Arbeiten der Künstlerinnengruppe RELAX (chiarenza&hauser&co). Wie die Titel so die Arbeiten. Direkt und auf Augenhöhe. Hie und da etwas provokativ. Kritisch. Mit einer Prise gelassenem und präzisem Witz. Die verwendeten Medien sind vielfältig. Fotografie, Video, Objektkunst, Performances, Installationen. Arbeiten von RELAX beziehen sich fast ausschliesslich auf situative Gegebenheiten während übergeordnet soziale und ökonomische Themenfelder verfolgt werden. Gerät ein Kontext in RELAX’s Hände wird geniesserisch entlang von Strategien der Dekonstruktion und Intervention zerschnitten, geknetet und zwischendurch verwischend gestreichelt. Das Produkt ist eine kritische, selbstreflexive Befragung, welche meist Missstände oder Missverhältnisse innerhalb oder ausserhalb des Kunstsystems aufs Korn nimmt. Im Weiteren tritt RELAX gerne auch als Dienstleisterin auf. Als solche hat sie schon eine Reihe von sogenannten «Waste Rooms» geschaffen: Räume innerhalb von Ausstellungsräumen, worin BesucherInnen ihre Zeit verschwenden können.
Wie sieht RELAX den kunstkasten? «Ein leuchtender Keil auf einem Platz des ehemaligen Winterthurer Sulzer Areals, welches inzwischen von einem Mix aus Bildung, Konsum, Freizeitangeboten und Wohnen belebt wird.» RELAX betont, dass der kunstkasten auf einem Platz steht, der nach Anna Katharina Sulzer-Neuffert (1778 – 1885), der Mutter der Gebrüder Sulzer, die den Weltkonzern gegründet hatten, benannt ist. Ausserdem wird am selben Platz zurzeit im Auftrag der ZHAW ein neues Gebäude für die Hochschule für Pflegeberufe gebaut, welches den Namen der legendären Adeline Favre (1908 – 1983) tragen wird. Favre war als Hebamme im Val d’Anniviers tätig und allseits geschätzt. «Der leuchtende Keil steht also auf solidem Sockel.»
Die neue und eigens für den kunstkasten entwickelte Arbeit Mischrechnung der Künstlerinnengruppe RELAX baut darauf auf. Diese wird nicht nur den kunstkasten zum Leuchten bringen. Statt einer Vernissage wird der Glanz der Arbeit während eines für alle zugänglichen Strassenanlasses in Begegnung mit RELAX und den Kuratorinnen auf besagtem Platz erlebbar werden.
RELAX (chiarenza & hauser & co)
Marie-Antoinette Chiarenza (F/CH) und Daniel Hauser (CH/F) arbeiten seit 1983 zusammen und haben ihre Basis in Zurich (Schweiz). Ihre Arbeiten und Werke werden unter dem Namen RELAX (chiarenza & hauser & co) veröffentlicht. Das „& co‘‘ verweist auf mögliche Zusammenarbeitsformen mit Leuten.
Die künstlerische Arbeit von RELAX hat zu tun mit Wertfragen und Fragen der Inwertsetzung. Diese haben häufig mit Geschichten von Leuten zu tun und mit Fragen dazu, was gemeinsam geteilt wird oder eben auch nicht. Es geht um die Herstellung von Qualität. Diese ist weder gut noch schlecht. Dafür spielen Intensität, Dichte, Härte und das Weiche eine wesentliche Rolle.
RELAX bestimmen ihre Rollen als Künstler_innen je nach Zusammenhang immer wieder von Grund auf anders, jenachdem ob sie sich beispielsweise mit Reichtum, Vertrieb, Fabrikation, Abmachungen, Verträgen, vertragslosen Situationen, Entwertung und Neubewertung auseinandersetzen.
Für sie sind Räume nie neutral. Wenn an Ideen gearbeitet wird, die später als Arbeiten veröffentlicht werden, so stellen sie sich Fragen wie: „wo findet etwas statt? Wer wird mit etwas adressiert? Von wem organisiert und finanziert? Sollten besser wir selbst uns damit beauftragen? Und: sollen wir die Veröffentlichung überhaupt ankündigen oder besser doch nicht?“
CV
Einzelausstellungen und Projekte
Shedhalle Zürich/ch (1990), Kunsthalle Basel/ch (1992), Capp Street Project San Francisco/usa (1994); Kartause Ittingen, Kunstmuseum Thurgau/ch (1994); Kunsthaus Glarus/ch (1994); Stadtgalerie Saarbrücken/de (1995); Dartmouth College and Hood Museum of Art Hanover, New Hampshire/usa (1999); Künstlerhaus Bethanien Berlin/de (2003); Kunsthaus Centre PasquArt Biel-Bienne/ch (2005); Museum Folkwang Essen/de (2008); Cornerhouse Manchester/uk (2010); Center of Contemporary Art Tbilisi/ge (2015).
Gruppenausstellungen und Projekte
Kunsthalle Bern/ch (1999); Swiss Institute New York/usa (1999); Architektur-Biennale, Schweizer Pavillon, Venedig/it (2000); Fondazione Michelangelo Pistoletto Biella/it (2002); Dunkers Culture Center Helsingborg/s (2003); Ortstermine, Stadt München/de (2006); Shedhalle Zürich/ch (2004 – 2008); Steirischer Herbst Graz/at (1991/2007); Kunsthalle Fri-Art Fribourg/ch (2007); Kunsthaus Zürich/ch (2008); Kunsthaus Langenthal/ch (2008); Kunsthaus L6 Freiburg i.Br/de (2009); Passengers Festival, Warschau/p (2009); Museum of Modern Art, Warschau/p (2009); Museo de la Solidaridad Salvador Allende, Santiago de Chile/cl (2010); Kunstmuseum Bern/ch (2011); 1. Tbilisi Triennale, CCA Tbilisi/ge (2012); Ursula Blickle Video Archiv, Belvedere, Wien/a (2013/2014); Sinopale 5, Sinop Biennale, Sinop/tr (2014); Museo Arte Gallarate/it (2015); Art en plein Air, Môtiers/ch (2015); Kunstmuseum Luzern/ch (2015/16); Manifesta 11, Zürich/ch (2016); Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz (2017); Helmhaus Zürich (2017); Kunstmuseum Luzern (2017).
Tätigkeit an Kunstschulen
Marie-Antoinette Chiarenza ist seit 2008 Dozentin an der HEAD Genève. Daniel Hauser leitet seit 2000 den Studiengang Kunst der F+F Schule für Kunst und Design in Zürich.