Während der kunstkasten an einem Ort des Durchgangs und der Arbeit – neben Geleisen und auf einem ehemaligen Industrieareal – steht, nimmt Yvonne Pispico die Erzählung einer individuellen Geschichte der Migration auf. Anhand von textlichen, sprachlichen und visuellen Erinnerungsfetzen und Lücken strickt sich ein schemenhaftes Gesamtbild einer Person zusammen. Entlang davon entstehen örtliche und zeitliche Verbindungen zu einer europäischen Geschichte.
«Ada» ist eine mediale bruchstückhafte Erzählung. Sie besteht aus Extrakten eines Interviews, aus einem Video und Fotografien. Das Video beinhaltet Standbilder, die durch eine experimentelle Aufnahmetechnik erzeugt wurden. Sie dokumentieren Bewegung auf mehreren Ebenen. Das öffentliche Leben in Morgano von damals wird nicht als gesicherte, scharf abgegrenzte Fakten dargestellt. Es wird aus der Sicht einer Zeitzeugin – eines damals heranwachsenden Kindes – erzählt. Die Erinnerung lässt sich in verschwommenen Bildern und Textfragmenten erhaschen. Architektonische Strukturen und Menschengruppen werden zu Mustern. Dieses vermeintlich unsichere Erinnerungsterrain verfügt gerade des subjektiven Blickes wegen über inhaltliche Schärfe. Es bildet den Hintergrund zu einer Wand voll kleinformatiger Fotografien. Morgano befindet sich im Hintergrund. Es beginnt eine andere Seite. Der Fokus der Fotografien liegt auf Ausschnitten und Nahaufnahmen von bewohntem Raum. Bilder von Figürchen, Büchern, Alltagsutensilien, Aufbewahrungssystemen und über den Umgang mit unerheblichen Schäden an Einrichtungen und Gegenständlichem. Die Detailsaufnahmen werden zu kleinen Stücken: Zu einer ausgestellten Sammlung von «fotografischen Nippes». Pispico verwehrt uns hier eine distanzierte Gesamtaufnahme. Dem Publikum bleibt es offen, eigene Erzählstränge zu verfolgen oder auf einzelne Details zu fokussieren.
Pispico’s Eltern emigrierten 1962 von Süditalien in die Schweiz. Sie selbst wuchs in Zürich auf und trägt aus diesen Hintergründen verschiedene Bildwelten mit sich. Pispico interessiert sich für die Geschichten anderer. Das Interview benutzt sie als Werkzeug zur Generierung eines Fundus, aus dem collagenartige Artikulationen in verschiedenen Medien entstehen. Aktuell arbeitet Pispico vermehrt mit Fotografie, Video- und Sprachaufzeichnung.
Yvonne Pispico *1974
lebt und arbeitet in Zürich
2006 – 2010 F+F Schule für Kunst und Mediendesign, Studiengang bildende Kunst
2001 – 2002 Vorkurs HGK Zürich
Einzelausstellungen
2011 STILLE SCHREIE, LICHTE TAGE, Galerie mera, Schaffhausen
2010 FORESTA UMBRA, R57, Zürich
Gruppenausstellungen (Auswahl)
2018 EXPOSITION XL, R57, Zürich
VERBUNDEN VERKNÜPFT VERRÜCKT, Kunst im öffentlichen Raum, Frankental Zürich
2017 DER CATWALK DES SCHAMANEN ODER DREI HAIKUS FÜR DIE WAHRSAGERIN, Klöntal Triennale, Kunsthaus Glarus
KLICK!, Kunsthalle Vebikus, Schaffhausen
DAS BESCHRÄNKTE PARADIES, Kulturtage Thalwil
2016 BENEFIZ-AUSSTELLUNG, r57, Zürich
2015 BILDWELTEN 9, r57, Zürich
JENSEITS DER HECKE, ein Projekt der Gesnossenschaft Gleis 70 für das Chreis Nüün Fäscht
2014 BUILDING PIECES, Privatsammlung, Zürich
LE TERRAIN VAGUE, Kunst im öffentlichen Raum, Hardplatz Zürich
THE SHOW GOES ON, Privatsammlung, Zürich
2013 ADRESSE – DA SEIN, Halle.li, Schlieren
ERSTMALS ZUM ZWEITEN MAL, Galerie mera, Schaffhausen
NUR DIE HARTEN KOMMEN IN DEN GARTEN, Werk- und Atelierstipendien der Stadt Zürich, Helmhaus
(mit „URGENT PARADISE“)
2012 SEHERIN, Grüner Keller, Fürth (D)
BILDWELTEN 6, R57, Zürich
DIE FABRIK RUFT, Brunnen
2011 KUNSTSZENE 11, Zürich
BILDWELTEN 5, r57, Zürich
2010 BILDWELTEN 4, r57, Zürich
DIPLOMAUSSTELLUNG, F+F Schule für Kunst und Mediendesign, Zürich
2009 CATCH OF THE YEAR, Dienstgebäude, Zürich
LIEBER MALERIN MALE MICH, Stadion 21, Zürich
PROJECT CORB N. EGRU, K3, Zürich
HERZ DER FINSTERNIS, Dienstgebäude, Zürich
JA, NEIN, VIELLEICHT, Kunstmuseum des Kantons Thurgau, Kartause Ittingen
Publikationen
2014 LE TERRAIN VAGUE, Ausstellungskatalog
2013 ADRESSE – DA SEIN, Ausstellungskatalog
2012 DIE FABRIK RUFT, Ausstellungskatalog