Die neueren Arbeiten von Marcel Scheible befassen sich mit vorgefundenen Reibungen die Räume der Realität liefern. Wie wenn das Quietschen eines einfahrenden Zuges in ein Bild übersetzt würde und als Augenblick festgehalten zur weiteren Betrachtung vorliegt. Der Fokus liegt nicht allein auf zerbrochenen Handydisplays oder einem mit Neonfarbe markierten Loch in einer Bodenplatte. Scheible schenkt seine Aufmerksamkeit auch immateriellen Brüchen. Der fotografisch festgehaltene Augenblick auf ein menschenverlassenes Karussell vor einer Sozialversicherung öffnet eher einen Denkraum in Richtung gesellschaftlicher Spannungsverhältnisse. Scheibles Fotografien zeugen von einer subtilen Betrachtungsweise der Umgebung. Dahinter steht eine Wahrnehmung, die komplexere Realitäten integriert.
Der kunstkasten könnte aufgrund seiner Dimension von 5.6m2 als intimes Zimmer gelesen werden. Durch die Transparenz der auf drei Seiten vorhandenen Glasfronten wird er eher zum öffentlichen Schaukasten. Die Hülle ist verletzlich. Verschiedene Tätlichkeiten sind effektiv als Spuren sichtbar. Auf einem der Sicherheitsgläser wirkte auf zwei winzige Punkte je eine grössere verletzende Kraft ein. Sie verursachte eine individuelle Splitterung in der unmittelbaren Umgebung. Nebst wetterbedingten Abnutzungen sind einige Kerben und Kratzer sichtbar. Extrakte der ursächlich unklaren Schäden werden nun als Makroaufnahmen zu bildgebenden Elementen eines dreiteiligen Paravents. Ein Paravent dient als Raumteiler oder Sichtschutz. Er ist ein durchaus häuslicher Einrichtungsgegenstand. Die abgebildeten Details entfernen sich durch Retusche und Vergrösserung von ihrer ursprünglichen Erscheinung und bekommen ein zeichenhaftes geheimnisvolles Eigenleben. Es schwingt die Ahnung um eine möglicherweise aggressive Manipulation zurückzuführende Herkunft mit. Die Arbeit «Was bisher geschah» kratzt mit der Kombination aus dieser Ahnung und einem Objekt, das Intimität suggeriert, am Bild einer heimeligen Behaglichkeit.
Marcel Scheible
Geboren 1974 in Basel, lebt und arbeitet in Basel.
Einzelaustellungen (Auswahl)
2014 Just what is it…? – balzer art projects, Basel
2011 Garden Glossaire Gold und Silber – Schule für Gestaltung Basel
same place – different time – Galerie Werkstatt und
Gemeindezentrum Reinach, Reinach BL
2009 doublestilllife – Delta Galerie, Basel
2008 streng. – EAC les halles, Porrentruy, mit Christine Camenisch
2007 hie und da – da und dort – Kunstraum Aarau
2006 la Suisse existe – Ambassade de Suisse, Paris
2004 pinkness – Galerie Werkstatt, Reinach BL
shift/space – Galerie Irene Eikmeier, Berlin
2003 Nischen und Zwischenräume – Galerie Schneider, Bonn
2001 hyperstars & PUBLIKUM – Graf & Schelble Galerie, Basel
Kuratierte Ausstellungen
2006 prototypisch – gemeinsam mit Andrea Schweiger
Regionale 16, Projektraum M54, Basel
Gruppenausstellungen (Auswahl)
2015 imago mundi. Luciano Bennetton Collection – Fondazione Giorgio Cini, Venedig
die Welt retten / ex voto today – Projektraum M54, Basel
2014 Das Leben ist (k)ein Stillleben – balzer art projects, Basel
2011 le 1er dimanche – Maison Turberg, Porrentruy
2012 Warum nicht sagen was passiert ist? – Kunstverein Freiburg im Breisgau
2010 Alle Jahre wieder … – Galerie Karin Sutter, Basel
2009 des mondes voisins – Galerie Linder, Basel
2007 My way – mit Sébastien Taillefer, Lieu commun à l‘ENAC Toulouse
2006 Jeune création – Paris
Regionale 7 – Kunsthalle Basel
2003 Entrée des Artistes – Projektraum M54, Basel
Regionale 4 – Kunsthaus Baselland und Ausstellungsraum Klingental, Basel
Auszeichnungen
2006 Werkbeitrag des Kunstkredit Basel-Stadt
2005 Atelierstipendium iaab/BL, Cité Internationale des Arts, Paris
Werke in diversen öffentlichen und privaten Sammlungen